Sony!

Du warst mal cool. Vielleicht erinnerst Du Dich. Früher gab es Stereoanlagenkomponenten von TechnicsGrundigDualPanasonicHarmanKardon – und es gab Sony. Cool war es erst, wenn Sony draufstand. Denn man wusste – funktionieren können die anderen Geräte auch – aber erst wenn es ein Sony war, kam diese satte Überlegenheit, das entscheidende bisschen Qualitätsreserve rüber. Mein Walkman war ein Sony. Metallgehäuse. Meinen Kindern habe ich sogar ein My first Sony-Cassettengerät gekauft, denn, das war gelernt, Sony steht für

Solidität, Qualität, Robustheit.

Sony, das kam zwar aus Japan, aber: Sony kam auch aus Köln.

Dann kam Apple. Aus Kalifornien zwar, aber mit der richtigen Mischung aus Design, Marketing, Produkt, Zeitgeist und Glück.

Sony kommt inzwischen – mental – wieder aus Japan, und seitdem die Europazentrale in London den Standort Köln (und Berlin) faktisch dichtgemacht hat, ist Deutschland auch nur noch ein Abverkaufsmarkt wie Albanien oder Bolivien. Ein Auslieferungslager im Land, aber sonst niemand mehr, so scheint es, der sich mit Kenntnis, Verstand und Herzblut um den deutschen Markt und seine Eigenheiten kümmert. Auch die Produkte scheinen größtenteils austauschbar mit denen der anderen Hersteller. Das spricht für eklatantes Missmanagement, wundert aber niemanden, der sich mit der Branche auskennt.

Heute steht für mich Sony dar als ein überholtes, schwerfälliges Gebilde, dass nicht nur jahrelang am Markt vorbei auf proprietäre Soft- und Hardware gesetzt hat, und damit den MP3-Boom verpennt hat, sondern auch anderen Trends schnaufend hinterherhastet, statt sie zu bestimmen – man denke nur an Flachbildschirme oder Touchscreen-Smartphones.

Auch in den Bereichen Sony Music und Sony Pictures wuirde viel zu lange mit den gelernten Methoden aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts Geld gedrucktmacht. Das heißt: am liebsten offline. Dazu das beharrliche Ignorieren des MP3-Formats. Macht man sich so beliebt? Ist das die Zukunft des Audio- und Videovertriebs in digitalen Zeiten? Einmal verscherzte Sympathien sind schwer wiederzuerlangen.

Gibt es überhaupt noch einen Geschäftsbereich, in dem der Name Sony noch einen guten Klang hat? Das wird, wenn überhaupt, der Broadcastbereich sein, unter Videoprofis gelten Sony-Lösungen immer noch als eine Art Rolls-Royce: teuer, aber auch sehr gut. Auch wenn auch hier der unselige Hang zu proprietären Lösungen zu rüffeln ist. Eigentlich hatten wir das alles schon mal mit dem Formate und Standards-Gehampel. Und was die Unterhaltungselektronikkonzerne beim Kampf um die Vorherrschaft des VHS-Systems gelernt haben (1. Etabliere die Standards, 2. Dominiere den Markt, 3. Profitiere!), wird seitdem gnadenlos umgesetzt, und ist heute nicht zuletzt für das Formatwirrwarr im Bereich HD-Video verantwortlich.

Die jüngsten Hackerangriffe haben für die Öffentlichkeit eine entlarvende Wirkung – sie zeigen, dass der Konzern zwar gern Daten seiner zahlenden Kunden anhäuft wie einst Microsoft – mit der wenig selbstlosen Absicht, es den Kunden beim zweiten Einkauf leichter zu machen, indem die zahlungsrelevanten Daten bereits gespeichert sind, ihm aber der Schutz dieser Daten weitgehend am Allerwertesten vorbeigeht. Abzocke ist das Wort, dass einem dazu in den Sinn kommt. Und „schön blöd, wer denen seine Kreditkartennummer gibt“ denkt sich da wohl mancher.

Ob es Sony-Chef Howard Stringer ist, der hinter den ganzen Fehlentscheidungen steckt, oder ob er einfach nur schlecht beraten wird – man wird sehen, wie es mit Sony weitergeht, einem Konzern, der auch im Jahr 2011 immer noch nicht bereit zu sein scheint für das 21. Jahrhundert.

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