Happy Birthday IHK

In diesen Tagen feiern die IHKen in Deutschland 175. Geburtstag. Über 80 IHKen gibt es in Deutschland.

Mauscheleien wie jüngst bei der IHK Koblenz sind da nur Symptom eines höchst defekten Systems – das der Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen bei den jeweils „zuständigen“ (allein dieser Terminus zeigt es – hier geht es um Bürokratie) IHKen. Und wo es Zwangmitgliedschaften gibt, verbunden mit den Zwangs“Mitgliedsbeiträgen“ zur IHK (abhängig von der Höhe des jeweiligen Jahresgewinns, der den IHKen direktemang von den Finanzämtern mitgeteilt wird, gibt es auch Existenzen, deren scheinbar einziger Lebenszweck es ist, sich möglichst umfassend und reichhaltig an diesen Zwangsgeldern zu bedienen.

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts sollte man von den IHKen eigentlich höchstmögliche Transparenz erwarten. Dies wird nicht nur durch die pure Anzahl der IHKen erschwert – über 80 Stück – sondern vor allem auch durch die diversen Tochterunternehmen und Vereine im Umfeld der IHKen. Entspricht es der gesetzlichen Aufgabe, wenn 80 regionale IHK-Chefs einen Dienstwagen der Oberklasse fahren – mit Chauffeur? Auch für private Reisen? Der Eindruck eines höchst unprofessionell geführten Selbstbedienungsladens drängt sich auf.

Zwangsgelder – ist das nicht etwas hart ausgedrückt? Wenn es eine handfeste Gegenleistung zu den Zwangsabgaben an die IHKen gäbe, bestünde weniger Anlass zur Klage. Dem ist aber nicht so, da die offenbar wichtigste Aufgabe der IHKen die Verwaltung der IHKen selbst ist. Niemand will in Abrede stellen, dass es in IHKen Mitarbeiter gibt, die ehrlich um das Wohl der „Mitglieder“ besorgt sind und sich ernsthaft bemühen. Leider reicht das nicht, und die Wirksamkeit eines Systems an seinen Ausnahmen zu messen, wird sicher der Realität nicht gerecht.

 

Was bekommt also das IHK-„Mitglied“ für sein Geld geboten?

 

1. Ein Magazin, das so uninteressant ist, dass sich dagegen sämtliche Veröffentlichungen der Berufsgenossenschaften (die es auch noch gibt) lesen wie Krimis. Sogar die Bäckerblume vermag den Leser mehr zu fesseln. Viele benutzen es als Einschlafhilfe.

2. Eine Auskunftsstelle, die immerhin in der Lage ist, am Telefon aus dem Internet oder Verwaltungsvorschriften vorzulesen. Wer klug ist, sieht gleich im Internet nach, bevor er es bei der IHK versucht. Das geht schneller, präziser, und liefert dieser dinosaurierartigen Institution keinen existenzrettenden Vorwand.

3. Eine Anlaufstelle bei Unternehmensgründungen, die mit so wertvollen Tips „hilft“ wie „Am Anfang steht eine gute Idee“ oder „Sie brauchen eine Hausbank“.

4. Die IHK erteilt auch juristische Auskünfte. Genau genommen, erteilt auch das Internet juristische Auskünfte. Denn individuelle Rechtberatung darf die IHK nicht vornehmen, das ist den Anwälten

vorbehalten. Nein, die IKH berät „zu allgemeinen Themen“, das heißt, sie hilft niemandem weiter, rezitiert nur öffentlich verfügbares Wissen aus öffentlich verfügbaren Quellen. Eine IHK kann und darf nicht bei spezifischen Fragen helfen. Was ungefähr 95% der praktisch existenten Fälle entsprechen dürfte.

5. Auch als sog. „Vermittlungsbörse“ hat die IHK ausgedient. Ein einfaches Bulletinboard könnte diese Aufgabe übernehmen, mit minimalem Aufwand, eines für die ganze Republik statt 80 Mal in den Regionen. Eine teure Pinnwand, die sich die deutsche Wirtschaft da leistet.

6. Sicher können die meisten „Mitglieder“ der IHKen auch auf die diversen „Empfänge“, „Ehrungen“ und „Preisverleihungen“ verzichten. Denn die dienen nur einem Zweck – sich selbst.

 

Die IHK ist ein Auslaufmodell. Und sie war es bereits in den Siebziger Jahren, als Unternehmen noch kein Internet hatten, um selbst die nächste Exportmesse in China zu recherchieren. Heute, in einer Zeit, in der jeder mit jedem in Echtzeit kommunizieren kann, in der jedem die ganze Welt informatorisch zu Füßen liegt, hat eine IHK keine Daseinsberechtigung mehr. IHKs sind ein Klotz am Bein der Unternehmer, ein Standortnachteil, ein bürokratischer Hemmschuh, typisch deutsch eben. Und, das Beispiel Koblenz zeigt es, wo immer sich Gelder anhäufen, gibt es jemanden, der dies als Aufforderung zur Selbstbedienung ansieht.

Ist all dies eine Außenseitermeinung? Mitnichten, ein Beispiel: Die sogenannten „Wahlen“ zur IHK-Vollversammlung erzielen im Schnitt nicht mehr als 20% Beteiligung. Eine Wahlbeteiligung, die keine Regierung der Welt sich trauen würde als Legitimation zu benutzen. Nicht so die IHKen. Die IHK-„Mitglieder“ haben resigniert. Die Beiträge werden halt gezahlt, weil es aussichtslos ist dagegen vorzugehen. Die Zwangsmitgliedschaft ist halt eine von vielen Kröten, die ein Unternehmer in diesem Land schlucken muss. Resignation ist wohl auch der Grund dafür, dass der Manipulationsverdacht bei der Vollversammlungswahl der IHK Koblenz so wenig Wellen schlägt. Eine IHK muss sich wirklich anstrengen, diese niedrige Erwartungshaltung noch zu unterbieten, die IHK Koblenz jedenfalls schafft es – mühelos.

Die IHKen stammen aus einer Zeit, in der Handel und Industrie noch Synonym für die Wirtschaft als Ganzes standen. Heute heißen die Wachstumsbranchen Service und IT. Heute werden große Teile des Handels und der Industrie längst global gesteuert, die Interessenlagen sind dementsprechend fragmentiert. Heute spielt Dienstleistung auch gesamtökonomisch eine Schlüsselrolle. Heute – und das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt – gibt nicht mehr „das“ Gesamtinteresse der Wirtschaft. Außer der umgehenden Selbstauflösung dieser überkommenen Institution.

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