Deutscher Lebensmitteleinzelhandel!

Oft werde ich gefragt, warum es so wenig Spaß macht, in Deutschland sein sauer verdientes Geld auszugeben. Hauptsächlich frage ich mich das also selbst. Dass es keinen Spaß macht, sehe ich durch Vergleiche mit anderen Ländern als empirisch erwiesen an.

Wo genau liegen also die Unterschiede? Dazu der Ablauf eines durchschnittlichen Einkaufs in einem modernen Supermarkt einer beliebigen europäischen Stadt (sagen wir mal Spanien) im Vergleich mit dem sinnlosen Geldausgeben in einer deutschen Abverkaufsstelle im Lebensmitteleinzelhandel.

Nach Kleingeldgesuche (der Einkaufswagen will 1 Euro, nicht mehr, nicht weniger) geht es durch Nieselregen zum Eingang. Das „frische“ Obst/Gemüse ist meist überlagert, unknackig, oder kommt aus idiotisch weit entfernt liegenden Ländern. In schlechten Fällen (hallo, Aldi Nord!) ist es auch schon mal angeschimmelt. Wirklich toll: die Sauerkonserven. Die Auswahl z.B. an Kartoffelchips ist überschaubar: „Markenchips“ mit „Paprika“-Einheitsgeschmack für 2,79. Billige, pappige, geschmacksarme Chips für 0,99. Oder Chips für „Mutige“: Wasabi (kotz), Oriental (würg), Essig (brech). An der Kasse gilt: nur wenn die Schlange ein Mal quer durch den Laden reicht, wird eine zweite Kasse aufgemacht. Personal kostet schließlich Geld. Und die Kundentrottel können ruhig mal warten, wer tagsüber Zeit hat zum Einkaufen, wird’s schon nicht eilig haben.

Die Kassiererin schmeißt gedankenverloren alles bereits eingetippte oder eingescannte hinter sich auf das Laufband. Mancher Joghurtdeckel verlor so schon seine Unschuld. Wer Tüten will, kann sie sich ja mitbringen. Oder kaufen – 10 Cent pro Tüte (Einkaufspreis: 0,0001 Cent), für die Geldspeicher des Pächters „Umwelt“. Auch das Einpacken der Waren in den Einkaufswagen dauert für die Kunden i.d.R. länger als das Scannen der Waren an der Kasse. Somit hält die Kassiererin nach dem Ansagen des geschuldeten Endbetrages häufig gelangweilt die Hand hin, während der Kunde noch damit beschäftigt ist, den ganzen Ramsch zum späteren Sortieren in den Einkaufwagen zu stopfen und dann sein Geld zu zücken. Währenddessen hat der Kassen-Engel Zeit, mal die Seele baumeln zu lassen und die Augen auf unendlich zu stellen. Verloren träumt sie den Feierabend herbei, das erste Pils, „Freizeitkleidung“, Gassigehen mit dem Pudel… Wer Glück hat und den hohen visuellen Ansprüchen der Kassiererin genügt (frisch rasiert, Anzug, Krawatte), wird unter Aushändigung von Wechselgeld und Kassenbon mit einem gnädigen „Wirsing“ verabschiedet. Mit einfachem Hemd oder gar T-Shirt herrscht Funkstille, das Geräusch eines saftigen Arschtritts dürfen diese Kunden sich im eigenen Kopf vorstellen, während sie 92 Cent in kleinen Münzen vom Schalter aufklauben dürfen, die die Kassiererin trotz ausgestreckter Hand dorthin gelegt hat. Wer nach dem Einkauf auch noch nach einer Tankstelle sucht, landet in jedem Fall bei einem der Markenanbieter oder einem der „hier-spare-ich-einen-Cent-pro-Liter“-Nachahmer – wird also so oder so ein Maximum an Geld los.

Dagegen in Spanien:

Nach Kleingeldgesuche (oh, cool: der Einkaufwagen nimmt neben 1 Euro auch 2 Euro und 50 Cent-Münzen) geht es über den überdachten Parkplatz zum Eingang. Das frische Obst/Gemüse kann sich wirklich sehen lassen, fast alles kommt aus dem Land, in dem es verkauft wird. Knackig, frisch, sehr große Auswahl mit regionalen und saisonalen Schwerpunkten.

Fehlanzeige: Sauerkonserven.

Die Auswahl an Kartoffelchips ist riesig, von Brathähnchengeschmack bis Pepperonipizza ist für jeden etwas dabei. Sehr knackig und von einer bisher nicht gekannten geschmacklichen Intensität. Die Packungspreise sind erfreulich niedrig: zwischen 0,89 und 1,39. Es sind ausreichend Kassen vorhanden, dass niemand mehr als eine Person an der Kasse vor sich haben muss. Hinweisschilder informieren Kunden darüber, dass es für denjenigen Warengutscheine gibt, der an der Kasse länger als 5 Minuten anstehen muss. Stehen drei Kunden an einer Kasse, wird eine neue aufgemacht. Die Kassiererin begrüßt den Kunden freundlich, stellt/legt sämtliche Waren nach dem Eintippen oder Scannen vorsichtig in geöffnet bereitstehende Plastik-Tragetaschen, die selbstverständlich nicht extra berechnet werden, und vom Kunden nur noch in den Einkaufwagen gehoben werden müssen. Neben Bargeld, Schecks und EC-Karten werden selbstverständlich auch Kreditkarten zur Zahlung akzeptiert. Die Kassiererin verabschiedet sich freundlich und mit guten Wünschen.

Nach dem Losfahren vom Parkplatz noch ein besonderer Service: Eine hauseigene Tankstelle bietet Sprit für gefühlte 20% unter „Markentankstellenpreisen“ an. Da wird dann auch gern nochmal zugelangt.

Wo ich lieber meine sauer verdienten Kröten hinschleppe, weiß ich genau. Warum das in D-Land oft ein solches Trauerspiel sein muß – keine Ahnung. Wahrscheinlich derselbe Grund, aus dem alles bei uns daheim teurer ist als überall sonst: Weil sich keiner drüber beschwert, ihr triefäugigen deutschen Duckmäuser!

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