7 Nervensägen bei Star Trek

Star Trek Vorwort

Ja, Star Trek ist schon lange her.

Nein, ich könnte es nicht besser machen.

Nein, ich werde jetzt nicht die Klappe halten.

Los gehts.

Star Trek Voyagers Neelix

Neelix

Die meisten Star Trek Fans wissen:

Neelix ist der Strahlemann,
auf den man gut verzichten kann.

Von Anfang der ersten bis Ende der letzten Staffel Star Trek Voyager zieht sich die Schleimspur der selbsternannten Stimmungskanone Neelix. Er ist Talaxianer, Schrottsammler, und Philosoph. Ersteres bedeutet, fusselige Zottelhaare rings um den Kopf, das zweite und dritte bedeutet „Überlebenskünstler“. Sicher kann er auch – Schauder – jonglieren.

Und Neelix ist der Beweis dafür, dass es auch ein Zuviel an Altruismus geben kann. Auch Kes, die von Neelix mit an Bord der Voyager gebracht wurde, hat Nervpotenzial – hauptsächlich, weil es wirklich lange dauert, bis sie ein Profil entwickelt bekommt. Das liegt dann in etwa zwischen Nurse Chapel aus TOS und Diana Troi aus TNG. Leider fehlt bei ihr der Babe-Faktor völlig, weshalb sie wohl – viel zu spät – aus der Serie geschrieben wurde, um von Seven of Nine abgelöst zu werden.

Aber zurück zu Neelix: Einer, der sich bei jedem Grashalm entschuldigt, noch bevor er auf ihn drauftritt, und auch ansonsten extrem emotional handelt sollte wohl ursprünglich Gegenpart und Reibungsfläche des Bordvulkaniers Tuvok werden. Schade nur, dass Tim Russ (Tuvok) Ethan Phillips (Neelix) bei jeder Gelegenheit problemlos an die Wand spielt.

Was von Neelix übrig bleibt, ist ein geschmacklich fragwürdig gekleideter Hofnarr, der in den seltensten Fällen etwas zur Handlung beiträgt, außer das Offensichtliche zu verbalisieren. Das strapaziert nicht nur in Fernseh die Nerven der (gespielten) Charaktere an Bord der Voyager, es beleidigt auch im wirklichen Leben die Intelligenz der Zuschauer.

 

Star Trek DS9s Vic Fontaine

Vic Fontaine

Es sollte eine Art Frank Sinatra-Rolle werden. Ein altes Schlitzohr, halb Gauner, halb Charmeur der alten Schule. Bekommen hat die Rolle James Darren.

Was ist daran das Problem?

Ich finde, Darren kann nicht besonders gut singen. Und: er kann auch nicht besonders gut schauspielen.

Musik ist Geschmackssache, ok. Ich gebe es zu, diese belanglosen, weichgespülten Fußwipp-Liedchen aus dem Las Vegas der 1960er („I’ve got the world on a string“) sind einfach nicht mein Fall. Dazu kommt, dass ich das Gefühl habe, dass Vic Fontaine immer mindestens eine halbe Oktave zu hoch für seine Stimmlage singt, und die Noten nur so ungefähr trifft.

Es war eine meines Erachten schlechte Besetzungs-Entscheidung, die Ira Steven Behr (der als ausführender Produzent ansonsten sehr gute Arbeit bei DS9 abgeliefert hat) da getroffen hat.

Die Autoren haben sich sicher ein Bein ausgerissen, um gute Vic Fontaine-Folge zu schreiben, und das ist mit z.B. ‚It’s Only a Paper Moon‘ gut gelungen. Zur Erinnerung: Nog flüchtet sich nach seiner Beinamputation in die Holodeck-Scheinwelt, Vic baut ihn wieder auf und entlässt ihn als geheilt. Auch ‚Badda-Bing, Badda-Bang‘ war eine schöne Folge – fast schon ein Klassiker.

Dennoch: Die Storyline der ansonsten spannenden siebten Staffel von DS9 halten diese Folgen eher auf. Ich habe den Eindruck, dass hier eben noch ein Fremdkörper eingeschoben wurde, der mit dem derzeit laufenden Spannungsbögen nichts zu tun hat, und mit viel Mühe und allerhand schreiberischen Kunstgriffen implantiert wurde – auf Ira Steven Behrs speziellen Wunsch. Musikalische und schauspielerische Defizite kommen dazu – und zack, fertig ist die Nervensäge.

 

Star Trek Voyagers Icheb

Icheb

Die Borg sind mit die besten Science Fiction-Bösewichte, die ich kenne. Halb kybernetisch, halb organisch, Drohnen mit einem gemeinsamen Bewusstsein, militärisch hoher Stärke, und dem Ziel sich durch Assimilation von Technologie immer weiter zu perfektionieren.

Eingeführt bei Star Trek: The next Generation (TNG), führt auch der lange Heimweg der USS Voyager quer durch Borg-Territorium. Eines Tages entdeckt die Voyager-Besatzung ein Borg-Raumschiff, dessen Besatzung aus einer Handvoll Borg-Kindern besteht, die offenbar ihrem Schicksal überlassen wurden. Prompt werden sie an Bord der Voyager assimiliert, ihrer kybernetischen Implantate befreit und ihren Eltern / Heimatplaneten rückübereignet.

Alle außer Icheb, der besondere Borg-Nerd mit dem Charme einer Keksdose. Klar liegt es in der Natur der Rolle als Ex-Borg, nicht übermäßig emotional zu glänzen. Aber Icheb ist ein echter Streber, primus inter pares, und das macht ihn zur Nervensäge. Außerdem ist sein Papa der von mir sehr geschätzte Mark Shepard (genau, Romo Lampkin aus Battlestar Galactica). NEID.

 

Star Treks Wesley Crusher

Wesley Crusher

Als Streber und Söhnchen der alleinerziehenden Enterprise-Schiffärztin Beverly Crusher ist Wesley Hassobjekt für viele, seitdem Star Trek: The next Generation (TNG) erstausgestrahlt wurde (und das ist lange her). Das Ziel, das mit einem jugendlichen Besatzungsmitglied erreicht werden sollte war offensichtlich, jungen Zuschauern eine Identifikationsfigur zu geben. Dass diese aber wohl eher nicht zu Gleichaltrigen aufblicken wollen, hatte niemand auf dem Radar.

Was nervt an Wesley? Er hat immer Recht, weiß mehr als manch doppelt so alter Offizier, und rettet im Zweifel nicht nur das Schiff, sondern bekommt auch noch das Mädchen (z.B. die frühe Ashley Judd). Das ist etwas zu dick aufgetragen.

Der Schauspieler, der Wesley verkörperte, ist Wil Wheaton – heute Nerd-Idol und Internet-Berühmtheit, dessen Fehde mit William Shatner (oder originale Kirk) legendär ist. Wheaton ist ein wirklich netter Kerl, so dass die Nervensäge wirklich ausschließlich im fiktionalen Star Trek Universum exisitiert – zum Glück geht auch die schlimmste Pubertät vorbei.

 

Star Trek DS9s Sisko

Benjamin Sisko

Der Kapitän ist traditionell die wichtigste Figur einer Star Trek Serie. Um so enttäuschender, wie farblos, wie unangemessen und unsouverän Captain Sisko gerade in den ersten Staffeln Star Trek: Deep Space 9 dargestellt wird. Ich bin mir nicht sicher, ob Avery Brooks (der Schauspieler) oder die jeweiligen Autoren und Regisseure an dieser Misere Schuld sind, wahrscheinlich ist es wie immer eine Mischung aus all dem.

In den späteren Staffeln scheint Brooks eine Art Identität für seine Rolle als Sisko gefunden zu haben, die mir aber trotzdem immer noch aufgesetzt und hölzern erscheint. Auch der gelegentliche emotionale Ausbruch bleibt oberflächlich und damit unglaubwürdig. Schade, denn gerade diese Rolle hätte Potenzial gehabt.

 

Star Trek Enterprises TripTucker

Trip Tucker

Trip ist an Bord der Enterprise ein echter Redneck. Er mag gern Catfish und hat wahrscheinlich in seiner Südstaaten-Kindheit viele Monate damit verbracht, auf Konservendosen zu schießen, auf Ähren herumzukauen und mit Krokodilen zu ringen. Und hierin liegt auch die Diskrepanz begründet, die mich bei diesem Charakter stört: einerseits der grobschlächtige Haudrauf, der aber – Überraschung! – auf der anderen Seite ein Virtuose der Warp-Antriebe der Enterprise ist.

Es ist schon klar, dass die Autoren aus der Nerd-Ecke herauskommen wollten, und sich für ihren Weltraum-Western neue Zielgruppen erschließen wollten. Das hat z.B. bei T’Pol mit ihrem großen, äh, Häschenfaktor gut geklappt. Aber Trip bleibt für mich aus diesem Grund eine der großen Star Trek Nervensägen, wenn auch mit einem beneidenswerten Bizeps.

buncha morons

Die Produzenten von ‚Enterprise‘

Rick Berman, Brannon Braga, Chris Black, Manny Coto, John Shiban, David Goodman, Ken LaZebnik, Mike Sussman, Alan Brennert und Dawn Velazquez haben Großes geleistet, keine Frage. Unter anderem waren sie Produzenten der Serie ‚Enterprise‘, und als solche verantwortlich für die Entscheidung, diese grässliche Titelmusik „Faith of the heart“ Starauszuwählen.

Ein Stück, dass nicht mal speziell für Star Trek produziert wurde, und meines Erachtens zu offensichtlich (und erfolglos) auf den Mitgröl-Effekt setzt. Da jammert die E-Gitarre, es krächzt der Sänger – ein Feelgood-Song, ohne Eigenständigkeit, ein leicht verdaulicher Softrock-Brei aus hundert mal gehörten, beliebigem Radiogesülze. Würg.

Star Trek Schlusswort

Ich weiß, es ist nur eine TV-Sendung. Shows wie Star Trek sind immer Gedankengespinste von Menschen, die halt unterschiedliche Ansichten, Vorlieben und Geschmäcker haben.

Das weiß ich, und verneige mich still vor der Leistung all dieser Menschen, die eine über Jahrzehnte erfolgreiche Serie wie Star Trek mit ihren Ideen und Talenten möglich gemacht haben – unabhängig davon, ob ich jetzt von einzelnen Aspekten begeistert bin oder nicht.

Die Bildchen sind überwiegend von Memory Alpha geklaut – vielen Dank.

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